Velotouren 2021

Frühlingsferien im Tessin

Wer hätte das gedacht. Nur neun Wochen nach der Hüftoperation waren vergangen und schon starteten wir in unsere nächsten Veloferien. Normalerweise verbringen wir die Frühlingsferien ja auf Mallorca. Aufgrund der aktuellen Corona-Situation war uns das Risiko jedoch zu gross und die Lage in Spanien zu ungemütlich, sodass wir uns für Ferien im Tessin entschieden haben.

Montag
Nachdem Urs am Morgen seinen Piket abgegeben und noch die letzten Arbeiten abgeschlossen hatte, ging es ans Packen und am frühen Nachmittag düsten wir zu zweit mit dem schnellen Auto und zwei Rennrädern im Kofferraum los Richtung Tessin. Für die ersten drei Nächte hatten wir uns eine Wohnung in Ascona gemietet, wo wir dann am späten Nachmittag ankamen. Nach dem Einpuffen, gings zum Einkaufen und später an die Seepromenade, wo wir uns zum Start in unsere Ferien ein Eis gönnten.

Dienstag
Bisher waren wir erst einmal im Tessin zum Radfahren. Es gab für uns also noch viel zu entdecken. Für den ersten Tag haben wir uns das Maggiatal vorgenommen. Schnell liessen wir Ascona hinter uns und fuhren auf autofreien Strassen entlang der Maggia bis nach Tegna. Dort bogen wir ins Maggiatal ein. Dem Radweg folgend fuhren wir mal entlang der Hauptstrasse, mal durch die kleinen Dörfchen, mal auf Pflastersteinen, mal auf Kiesstrassen bis nach Cevo. Eine sehr abwechslungsreiche Strecke. Wir hatten sehr viel Wind. Gegenwind. In Cevo mussten wir dann für einmal die Hauptstrasse überqueren. Seitlich zum Wind. Ich voraus, Urs direkt an meinem Hinterrad. Da geschah es. Eine Windböe kam, ich hörte es nur noch Scheppern und laut fluchen. In Panik bremste ich ab und schaute nach hinten. Meine grösste Angst, Urs auf dem Boden, die Hüfte kaputt. Urs sass noch auf dem Rad, hielt sich aber die linke Hand unter den rechten Arm. Nur kurz durfte ich hinschauen. Eine riesige Platzwunde. Was war geschehen? Die Böe hatte just in dem Moment, als wir vorbeifuhren eine grosse «Achtung Kinder»-Tafel umgeweht und direkt auf die Hand von Urs. Während ich sofort zum einzigen Coop im Umfeld fahren wollte (50 m entfernt), um was gegen diese blutende Wunde zu holen, war Urs doch hart im Nehmen. So ging unsere Reise einfach weiter. Nach einigen Kilometern war der Schmerz so weit abgeklungen, dass Urs die Hand am nächsten Brunnen waschen konnte. Angeschwollen und Blutüberströmt war sie. Kein schöner Anblick. Aber auch da noch wollte Urs nichts dagegen tun. So kam es, dass wir trotz dieses unschönen Vorfalls bis zu unserem Tagesziel radelten. Von Peccia aus ging es in einigen Serpentinen hoch Mono, wo eine architektonisch spezielle Kirche auf uns wartete. Siehe Fotos.
Auf dem Rückweg machten wir zwei kurze Abstecher. Zum Einen zu einem wunderschönen Grotto, welches leider wegen Corona geschlossen hatte und zum Anderen zu einem Wasserfall. Dank des Rückenwinds ging die Rückfahrt fast wie von selber und zurück in der Wohnung hatten wir dann auch ausgiebig Zeit, uns um die Hand von Urs zu kümmern. Trotz dieses unschönen Vorfalls war es ein toller Tag. Ein Tag nämlich, der uns zeigte, dass die neue Hüfte von Urs hält und riesige Freude bereitet.
Am Abend dann stiessen die ersten Velogefährten Walter und Elmar zu uns.

Mittwoch
Bereits im Herbst waren wir im Verzascatal unterwegs. Damals fuhren wir zusammen mit Nici & Thomas mit dem Postauto bis nach Sonogno und dann mit de Mountainbikes wieder zurück. Dieses mal wollten wir auch mit den Rennvelos das Tal erkunden. Zu beginn ging es sehr gemächlich Lago Maggiore entlang durch Locarno bis nach Tenero. Dort verliessen wir den Seeweg und fuhren Richtung Verzascatal. In Gordola nahmen wir die ersten Höhenmeter unter die Räder. Zuerst noch auf Nebenstrassen und erst später dann auf der einzigen, welche ins Tal führt. Bei der Staumauer angekommen, gabs eine ganz kurze Verschnaufpause. Leider sprang gerade niemand von der Mauer. So kam es, dass wir ein Rennen gegen einen E-Biker starteten. Dieser hatte uns in den Serpentinen hoch zur Staumauer überholt. Dem Stausee entlang machten Elmar und dann auch Urs jedoch so Tempo, dass wir ihn bald wieder vor uns hatten. Durch unseren Pipi-Stopp konnte er uns jedoch wieder überholen und die folgende steilere Passage machte es ihm leicht, den Vorsprung zu halten. Dann kam jedoch wieder unsere Stunde. Alle Kräfte wurden nochmals mobilisiert, der E-Biker überholt, abgehängt und bis Sonogno nicht mehr gesehen 🙂
In Sonogno erkundeten wir das kleine Dorf und gönnten uns am Take Away ein feines Sandwiche oder Kuchen. Die Rückfahrt war dann super. Natürlich mussten wir an der berühmten Brücke halt machen um noch einige Erinnerungsfotos zu schiessen. Das schöne Grotto vom letzten Mal hatte leider geschlossen, so dass wir erst in Ascona wieder Halt machten um uns zum Abschluss der Tour ein Eis zu gönnen.

Donnerstag
Die drei Nächte in Ascona waren um und unser Quartett wechselte den Standort. Ziel war der Lago di Lugano. Dort bekamen wir Zuwachs und wurden zu einem Septett. Nicole, Christian und Andy ergänzten unsere Gruppe. Ganz Corona-Konform machten wir vor unserem Zusammenschluss den Corona-Schnelltest. Zum Glück alle Negativ.
So konnte nach einigen regnerischen Vormittagsstunden, am Nachmittag dann die erste kurze Ausfahrt gestartet werden. Christian als Local war als Guide voll in seinem Element. Zielsicher führte er uns in die einzige Richtung, in welcher es noch Regenwolken hatte :-). Auf einigen leisen Protest hörte er zum Glück nicht, denn die wenigen Tropfen, welche uns erreichten waren den schönen Ausblick, welchen wir von Arogno, unserem ersten kleinen Hügel, hatten, allemal wert. Natürlich konnten wir diesen Hügel nicht einfach im Wohlfühltempo hochradeln, nein, Christian zog das Tempo an jedem Hügel an, sodass für mich jede Ausfahrt zu einem Intervalltraining wurde. Flach und abwärts easy, berghoch all out…
Als zweiten Hügel baute Christian Carona ein, ein wunderschönes Dörfchen, welches wir von Paradiso aus erklommen. In einer rasanten Schlussabfahrt ging es zurück nach Morcote in die Ferienwohnung von Nicole und Christian, in welcher Urs und ich wohnen durften. Auch verbrachte das ganze Gruppetto die Abende in der Wohnung und liess es sich bei Apero, Vorspeise, Hauptgang und manchmal auch einem Dessert richtig gutgehen.

Freitag
Nachdem Nicole am Donnerstag noch Arbeiten musste, starteten für sie die ersten richtigen Veloferien mit Gümmelern so richtig. Nach einem Einrollen entlang des Lago di Lugano führten uns unsere Guides Nicole und Christian nach Arosio. In mehreren Etappen bezwangen wir die Höhenmeter. Von Meter zu Meter wurde es kälter, bis es oben gerade noch 2°C hatte und sogar leicht schneite. Uns egal, wir genossen die vielen Serpentinen auf der Abfahrt ins Tal, wo wir die Seite wechselten und bis nach Valcolla fuhren. Eine wunderschöne, wenig befahrene, stetig ansteigende, manchmal sehr steile Strasse bis ans hinterste Ende des Tals. Nicht gerade meine Sternstunde, denn mein Energielevel zeigte zwischenzeitlich mangelhaft an :-). Aber natürlich schafften wir auch diese Herausforderung, sodass wir mit einer kleinen Sightseeingtour quer durch Lugano unsere Ausfahrt entlang des Lago di Lugano abschliessen konnten. Ach ja, noch wichtig, es gab 90 km und 1860 Höhenmeter.

Samstag
Nachdem wir am Freitag so viele Höhenmeter gefahren waren, sollten es an diesem Tag etwas weniger sein. Von Morcote, über Melide nach Mendrisio führte uns unser Weg, bevor wir uns an die Höhenmeter wagten. Meine Ansage an Christian, kein Rennen an diesem Tag. Also liessen wir es bis zu unserem Zwischenstopp eher gemütlich angehen. Unser Ziel, nur knapp unterhalb des Monte Generoso war bereits zu sehen, fuhren wir in eine Passstrasse voller Serpentinen. Vor uns zwei Rennradfahrer, welche wir an diesem Tag schon mehrfach getroffen hatten. Ohne Worte war klar, am Ende sollte die Reihenfolge anders sein. So wurde ein Steigerungslauf gestartet. Schon nach kurzer Zeit fuhren wir an deren Hinterrad. Im Normalfall immer der Moment, in welchem ich mich kurz erhole und beobachte. Dieses Mal konnte dieser Plan nicht umgesetzt werden. Christian griff sofort an. Was blieb mir da anderes übrig als mitzuziehen? Nichts. Am Ende kamen wir als erste, aber auch völlig ausser Puste oben an. Dort bot sich uns ein wunderbarer Ausblick über das Tal. Superschön. Zurück führte uns dann die Route der anderen Talseite entlang wieder zurück nach Mendrisio. Gemütlich fuhren wir nach Morcote, wo wir uns ein hochverdientes Eis gönnten. Die Fakten an diesem Tag, 70 km und 1100 Höhenmeter.

Sonntag
Unser Plan des Tages: Serpiano und Monte Bré. Den ersten Teil des Plans konnten wir wie gewollt umsetzen. Dann jedoch zogen dicke Regenwolken auf und in Mendrisio wurden wir während knapp 10 Minuten richtig übel verregnet. So machten wir uns auf den Rückweg Richtung Melide. Allen war klar, dass es bei diesem Berg bleiben würde. Auf einmal guckte dann jedoch wieder die Sonne hervor, sodass wir einfach nicht anders konnte und doch noch ein paar Höhenmeter machen mussten. So kam es zum zweiten Mal in dieser Woche zu einem Fotoshootings bei Carona. Toll, dass wir dies noch machen konnten und so zu 73 km und 1200 Hm kamen. Wie sagte Andy so schön. Mit weniger als 1000 Höhenmetern würde er sich nun nicht mehr zufrieden geben 🙂

Montag
Der letzte Tag unserer Frühlingsferien kam leider schon viel zu schnell. Montag war Abreisetag. Trotzdem lag noch eine kleine Tour drin. Nur noch zu fünft (Andy reiste früh ab und Nicole musste aufgrund der grossen Schmerzen Forfait geben) machten wir uns zuerst auf den Weg auf den Collina d’Oro und danach quer durch Lugano hindurch noch auf den Monte Bré. Den wollten wir uns nicht entgehen lassen. Und es lohnte sich. Bei schönstem Wetter genossen wir den Ausblick über Lugano und den Lago di Lugano. Toll war auch, wir konnten zum ersten Mal wieder ein Mittagessen geniessen. Die Terrassen der Restaurants durften öffnen. Super. Zurück in Morcote stärkten wir uns an einem kühlen Getränk, erfrischten uns mit einer erholsamen Dusche, bevor es hiess, Abschied zu nehmen.

Schön waren die Ferien. Danke an alle, welche diese zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben.